Wie klimaschädlich sind Kreuzfahrten?
26. Juli 2022, Lifestyle , Nachhaltigkeit
Wie klimaschädlich sind Kreuzfahrten?
Kreuzfahrten sind weltweit beliebt. Doch die Corona-Pandemie hat den Boom abrupt unterbrochen: Im Jahr 2020 gingen allein in der EU „nur noch“ rund 530 000 Passagiere und damit rund 93 % weniger als im Vorjahr auf Hochseekreuzfahrt (Quelle: Statistische Bundesamt). Mittlerweile zieht die Nachfrage wieder an. Wie wirkt sich das auf das Klima aus?
Urlaubsfreude hin oder hier: Kreuzfahrtschiffe gehören laut Umweltbundesamt zusammen mit Flugzeugen zu den besonders klimaschädlichen Verkehrsmitteln. Zum einen, weil sie im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln sehr viel mehr Treibhausgase ausstoßen. Und zum anderen, weil man damit sehr viel größere Entfernungen zurücklegt. Das liegt sozusagen in der Natur der Sache, denn man kann ja nicht mit dem Auto oder der Bahn in die Karibik oder durchs Mittelmehr fahren.
Enormer Kohlendioxidausstoß belastet das Klima
Doch die Urlaubsfreude hat ihren Preis – nicht unmittelbar für die Passiere, die derzeit noch mit satten Rabatten wieder an Bord geholt werden, sondern langfristig für alle Menschen und unser Klima. Die Kohlendioxidemissionen sind horrend: Bei einer einwöchigen Mittelmeerkreuzfahrt fallen, rechnet das Umweltbundesamt vor, pro Person durchschnittlich rund 1,9 CO2-Äquivalente an. Da sind die Emissionen für etwaige Flüge zur An- und Abreise noch nicht mit eingerechnet.
Flugreisen sind genauso klimaschädlich
Flugreisen stehen Kreuzfahrten in puncto Umweltbelastung in nichts nach: Ein Flug von Deutschland auf die Kanarischen Inseln und zurück verursacht pro Person ebenfalls im Schnitt rund 1,9 Tonnen CO2-Äquivalente. Wer mit dieser Zahl nichts anfangen kann: Das sind – bei einer einzigen Reise – mehr Treibhausgasemissionen als eine Person im Bundesdurchschnitt pro Jahr für Auto, Bus und Bahn zusammen verursacht.
Warum sind Ozeanriesen Klimakiller?
Weil viele der „Schwimmenden Städte“ derzeit noch mit Schweröl, dem Rückstandsöl aus Raffinerien, fahren. Dieses ist wegen seines hohen Schwefelgehalts und anderer Schadstoffe wie Schwermetalle besonders umweltschädlich. Dementsprechend belasten die Schiffsabgase die Luftqualität in Hafenstädten und Küstenregionen – aber auch die Luftqualität an Bord der Kreuzfahrtschiffe selbst.
Fairerweise muss man allerdings ergänzen, dass Kreuzfahrtschiffe nur ein kleiner Teil eines größeren Problems sind. Denn weltweit werden derzeit etwa 70 Prozent aller Güter auf dem Seeweg transportiert. Dazu schreibt das Umweltbundesamt: „Von etwa der Hälfte der weltweiten Schiffsbewegungen liegt der Ziel- oder Abfahrtshafen in der EU. Nord- und Ostsee gehören damit zu den am häufigsten und dichtesten befahrenen Meeren der Welt. Beispielsweise durchqueren jährlich rund 30.000 Schiffe den Nord-Ostsee-Kanal und rund 2.000 Schiffe fahren täglich bei Tag und Nacht auf der Ostsee.“
Initiativen für mehr Nachhaltigkeit auf dem Meer
Die Branche hat laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz derweil zahlreiche Initiativen gestartet, um ihre Ozeanriesen klimafreundlicher zu machen. Dazu gehört zum einen der Einsatz von Landstrom, der sich z. B. bei TUI, AIDA, Hapag-Lloyd und MSC immer mehr durchsetzt. Landstrom ist der Strom, der aus (potenziell nachhaltigen) Stromquellen an Land für Wasserfahrzeuge kommt und durch den sich der Einsatz von Schiffsdiesel reduzieren lässt.
Da Landstrom bisher an vielen Häfen noch Mangelware ist, hat das Bundeskabinett Anfang November 2019 die „Verordnung über Netzentgelte bei der Landstromversorgung und zur redaktionellen Anpassung von Vorschriften im Regulierungsrecht" beschlossen. So soll die Nutzung von Landstrom in Seehäfen für alle Beteiligten wirtschaftlich attraktiver gemacht werden.
Fossiles LNG ist keine Dauerlösung
Eine weitere Chance zur Treibhausgasreduktion bietet sich durch den Wechsel von Schweröl zu verflüssigtem Erdgas LNG (Liquefied Natural Gas). So werden ebenfalls deutlich weniger Stickoxid und CO2 emittiert. Vorreiter war 2016 das 300 Meter lange Kreuzfahrtschiff AIDAprima, gefolgt von der AIDAnova, die erstmals 2018 vollständig mit LNG betrieben ablegte.
Dennoch ist fossiles LNG keine Lösung auf Dauer, wie eine Sprecherin von Tui Cruises im SPIEGEL einräumt, sondern vielmehr eine Brückentechnologie auf dem Weg hin zu nachhaltigen alternativen Antriebstechnologien.
Was die Kreuzfahrtanbieter dahingehend unternehmen, hat der NABU seit Langem im Blick. So habe etwa AIDA damit begonnen, Brennstoffzellen und Batteriepakete an Bord einbauen zu lassen. Außerdem beschäftigen sich einige Reedereien, darunter auch MSC, mit der Frage, ob und wie solar- und windunterstützte Antriebe eingesetzt werden können. Auch wenn derzeit noch ungewiss ist, welche Antriebsformen sich künftig in der Seeschifffahrt durchsetzen, läuft in Zukunft alles auf synthetische Kraftstoffe hinaus.